„Denn erstens kommt es anders und zweitens als man denkt!“ Unter dieses Motto hätte ich schon so manches Fotoshooting stellen können. 🙂
Das Brautpaar und ich vereinbarten ein kleines Hochzeitsshooting für den Tag nach ihrer standesamtlichen Hochzeit. Die Kaiserpfalz in Ingelheim sollte es sein, denn dort werde auch die Trauung stattfinden und damit würden sich die Hochzeitsfotos schön in die offiziellen Feierlichkeiten einreihen. Wir haben ein paar Tage zuvor extra eine Ortsbegehung gemacht, um geeignete Plätze zum Fotografieren zu identifizieren und Ideen zu sammeln. Das Ganze natürlich am späten Nachmittag zu einer Uhrzeit, an der auch das eigentliche Shooting stattfinden sollte, damit wir den Sonnenstand in unsere Überlegungen mit einbeziehen konnten. Auch die Burgkirche in Ingelheim bot sich als weitere Location an, um etwas Abwechslung in die Fotos zu bringen.
Unsere Bedenken bezüglich des Termins galten einzig dem Wetter und den plötzlich aufziehenden Gewittern in dieser Woche. Diesbezüglich hatten wir aber Glück, obwohl wir wenige Stunden vorher noch große Bedenken hatten. Nein – uns war sozusagen die Fotolocation geplatzt, da an diesem Tag die letzten Vorbereitungen für ein Altstadtfest auf der Kaiserpfalz bereits auf Hochtouren liefen und alles mit Ständen zugestellt war! So was ist ärgerlich – aber auch kein Beinbruch. Wir haben halt das Beste daraus gemacht und uns auf das Gelände rund um die Burgkirche beschränkt.
Letztlich hatte das auch sein Gutes: uns blieb mehr Zeit, uns auf einzelne Szenen zu beschränken. Wir haben das ganze Zeitfenster, das uns an dem Abend zur Verfügung stand ausgenutzt, und fast bis zur Dunkelheit fotografiert! Die Ergebnisse seht ihr hier.
Vielen lieben Dank an euch beide!!!
Für alle Fotos habe ich zum Aufhellen und Beleuchten ausschließlich Blitzlicht verwendet. Hier kamen ein Canon Speedlite 580EX II und ein Yongnuo Speedlite YN568EX zum Einsatz. Als Lichtformer habe ich Durchlichtschirme verwendet. Diese produzieren ein schönes weiches Licht, indem sie das konzentrierte (harte) Licht aus den Systemblitzen auf die komplette Schirmfläche verteilen und damit einen weichen, diffusen Schattenübergang erzeugen. Dieser Effekt wird umso ausgeprägter, je näher man den Schirm an das Model bzw. das Objekt heranführt.
Da wir ohne Assistenten auskommen mussten, übernahmen zwei Lampenstative den Job des Lichthalters. Ein Galgenstativ der Marke Manfrotto 420CSU leistete dabei gute Dienste. Galgenstative sind optimal, um das Licht samt Lichtformer möglichst nahe an das Model heranzubringen, ohne dass gleich der ganze Stativständer im Bild zu sehen ist. Daher hielt das Galgenstativ meist das Hauptlicht und ein normales Lampenstativ vom Typ Walimex WT-806 das Sekundärlicht.
Wenn ich mir die finalen Bilder betrachte, stelle ich fest, dass ich sehr häufig beim Lichtsetup ein sogenanntes Zangenlicht (hier unsymmetrisch) eingesetzt habe. Dabei befindet sich das Objekt auf einer Linie in der Mitte der beiden Lichtquellen (siehe Skizze). Das Zangenlicht, gelegentlich auch als Sandwich bezeichnet, gehört wohl nicht ohne Grund zu den grundlegenden Lichtsetups. Hier produzierte ein Blitz von schräg vorne das Hauptlicht und ein zweiter von hinten das Streiflicht. Durch das Streiflicht setzt sich der dunkle Anzug des Bräutigams besser von einem ebenfalls dunklen Hintergrund ab.
Als Funkauslöser kamen meine bewährten Yongnuo RF-602 zum Einsatz. Diese lösen lediglich kabellos den Blitz bzw. die Blitze aus. Mehr auch nicht. Für jede Korrektur der Blitzleistung und andere Blitzeinstellungen musste ich also immer zu den Blitzen laufen und diese von Hand anpassen. Dies ist eigentlich eine Tätigkeit, die jeder Assistent nach einer kurzen Einweisung auf Zuruf durchführen kann. Dementsprechend hatte das Shooting auch eine körperlich anstrengende Komponente. 🙂 Das Brautpaar kam für den Job natürlich nicht in Frage, da dies die Konzentration gestört und eine bereits aufgebaute Pose wieder zerstört hätte. Nach dieser Erfahrung habe ich mir gleich am nächsten Tag die Yongnuo YN-622C Funkauslöser bestellt. Sie unterstützen die TTL Funktionalität der Blitze und gestatten es, die Systemblitze von der Kamera aus einzustellen! Über meine Erfahrungen mit den YN-622 berichte ich dann im nächsten Artikel.
Erwähnenswert ist noch, dass mir das Kameradisplay bei Dämmerung bzw. Dunkelheit einen Streich gespielt hat. Alle Fotos der Szene waren durchweg eine Blende zu dunkel belichtet. Das kann man in Lightroom natürlich leicht ausgleichen. Man handelt sich aber dabei unnötig mehr Bildrauschen ein. Dabei wäre bei Blende 5,6 und ISO 800 mit meiner Canon EOS 5D Mark III sicher noch Platz für eine größere Blende oder höhere ISO-Empfindlichkeit gewesen. Allerdings besteht auch die Gefahr, dass bei Dämmerlicht und weit offener Blende (hier maximal 4,0) das Model womöglich nicht scharf dargestellt wird, weil der Autofokus sich bei schwierigen Lichtverhältnissen ohnehin sehr schwer tut und der relative schmale Schärfebereich einer großen Blende womöglich vor bzw. hinter dem Model liegt. Um dem zu begegnen mache ich die Blende lieber ein bisschen zu und setze als Hilfslicht – wenn möglich – eine Minitaschenlampe ein. Das erhöht die Trefferquote. Eine hohe ISO-Empfindlichkeit hinterlässt bei mir immer ein ungutes Gefühl, selbst mit einer 5D Mark III (ab ISO 1600): Was ist besser? Schwache Bildsignale direkt in der Kamera elektronisch zu verstärken und sich damit erhöhtes Luminanz- und Farbrauschen einzufangen oder mit gemäßigten ISO-Werten zu fotografieren und die Belichtungskorrektur in die Hände einer professionellen Entwicklungssoftware wie Adobe Photoshop Lightroom/Camera Raw zu geben? Hauptsache es saufen keine Schatten in den bildwichtigen Teilen ab.
Zum Schluss noch eins: Da bei Sonnenuntergang das Sonnenlicht tendenziell wärmer erscheint, habe ich vor den Blitz des Hauptlichts noch einen Orangefilter (1/2 CTO Gel) gemacht, um die Lichttemperatur des Blitzes etwas anzugleichen.
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